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Apr
Auswirkung der Corona-Krise auf Zivilprozesse
Die Corona-Krise wirkt sich auch auf den Ablauf von Zivilprozessen aus. Wie in allen Bereichen des öffentlichen Lebens kommt es auch hier zu Einschränkungen. Dennoch versichert die Justiz, dass sie ihre Kernaufgaben weiterhin erfüllen kann.
Durchführung von Gerichtsterminen
Ob und wann Gerichtsverhandlungen stattfinden, entscheiden die Richterinnen und Richter im Rahmen ihrer richterlichen Unabhängigkeit. Auch die Entscheidung, ob ein Verhandlungstermin aufgehoben oder verlegt wird, trifft das zuständige Gericht. Von den Justizministerien der Länder und den Präsidien der Gerichte kommt allerdings die Empfehlung, Prioritäten zu setzen und zum Schutz der Gesundheit öffentliche Verhandlungen auf das Nötigste zu reduzieren. Nach unseren Erfahrungen werden bis Ende Mai 2020 anstehende Gerichtstermine in der Regel aufgehoben und zunächst in den Spätsommer bzw. in den Herbst 2020 verlegt. Bei gerade erst eingeleiteten Zivilprozessen in Hauptsacheverfahren werden Termine zur mündlichen Verhandlung in der Regel erst für Ende 2020 anberaumt, da die Gerichte die zweite Jahreshälfte für die Abarbeitung der aktuell verlegten Termine vorsehen. Gerichte weisen zudem darauf hin, dass Personen mit Symptomen einer Erkrankung an COVID-19 der Zugang zum Gericht versagt werden kann. Falls aktuell Termine anstehen, sollte kurzfristig mit dem Gericht abgestimmt werden, ob und welche Einschränkungen bestehen. Bei Bedenken der Prozessbeteiligten an der Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung, sei es wegen Gesundheitsrisiken oder Anreiseschwierigkeiten, reagieren die Gerichte auch kurzfristig und großzügig mit Terminverlegungen.
Schriftliches Verfahren
Mit Zustimmung der Parteien kann das Gericht im schriftlichen Verfahren auch ohne eine mündliche Verhandlung entscheiden (§ 128 Abs. 2 ZPO). Gerichte regen diese Möglichkeit derzeit an, um eine Terminverlegung um mehrere Monate und damit eine Verzögerung des Rechtsstreits zu vermeiden.
Videokonferenzen
Zivilprozesse können grundsätzlich auch per Videokonferenz durchgeführt werden. Auch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen ist per Videoübertragung möglich. Aufgezeichnet wird die Videokonferenz nicht. Die Regelung dazu in § 128a ZPO wurde bereits 2001 durch das ZPO-RG eingefügt und am 01.11.2013 neu gefasst. Das Gericht kann die Videokonferenz von Amts wegen anordnen. Die Initiative kann aber auch aufgrund eines entsprechenden Antrags von einer Partei ausgehen. Technische Voraussetzung ist ein kompatibles Videokonferenzsystem. Der genaue Ablauf einer Videokonferenz ist je nach Gericht unterschiedlich. Bei manchen Gerichten erhalten die Teilnehmer eine Einladung mit einem Link und müssen ein Browser-Plug-In herunterladen. Die Rechtsanwälte schalten sich dann aus der Kanzlei zu, die Mandanten können im Gerichtssaal oder in der Kanzlei des Anwalts an der Videokonferenz teilnehmen, ggf. können sie sich auch von einem dritten Ort aus zuschalten. Urkunden und relevante Dokumente können entweder am Bildschirm betrachtet werden oder sie werden per besonderem Anwaltspostfach (beA) elektronisch beim Gericht eingereicht. Die gesamte Verhandlung wird in den Sitzungsaal so übertragen, dass sie dort von allen Anwesenden verfolgt werden kann. Dadurch bleibt auch die Öffentlichkeit der Verhandlung gewahrt. Als Konsequenz der Corona-Krise hat das Landgericht Düsseldorf bereits angekündigt, verstärkt Videoprozesse durchzuführen. Es ist damit zu rechnen, dass auch andere Gerichte diese Möglichkeit nutzen werden und § 128a ZPO an Bedeutung gewinnen wird.
Einstweilige Verfügungsverfahren
Bei einstweiligen Verfügungen, die im Beschlusswege ohne mündliche Verhandlung erlassen werden, sind nach unseren Erfahrungen bislang kaum Einschränkungen festzustellen. Einstweilige Verfügungen werden gerade im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes von den Gerichten weiterhin zügig erlassen und durch Gerichtsvollzieher auch zeitnah zugestellt.