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12
Feb.

Der Brexit ist da… was wird aus meinen Schutzrechten?

Diese Frage stellt sich derzeit sicherlich vielen Inhabern geistiger Schutzrechte in Europa. Der Brexit-Vertrag ist unterzeichnet; zum 31.01.2020 ist das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union ausgeschieden. Seit dem 01.02.2020 läuft nun die Übergangsphase, die nach aktuellem Stand am 31.12.2020 enden wird. Bis zum Ende der Übergangsphase gilt das EU-Recht in Großbritannien zunächst fort. Welche Konsequenzen der Brexit für die geistigen Schutzrechte danach haben wird, lässt sich inzwischen recht gut absehen.

 

  1. Eingetragene Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster

Bis zum Ende der Übergangsphase, also bis zum 31.12.2020, wird das Vereinigte Königreich unverändert Teil des EU-Markensystems bleiben. In dieser Zeit wird das Britische Amt für geistiges Eigentum (UKIPO) fast 1,4 Millionen EU-Marken und 700.000 Gemeinschaftsgeschmacksmuster in vergleichbare britische Rechte umwandeln. Diese werden dann am 01.01.2021 wirksam. Inhaber von Unionsmarken- oder Gemeinschaftsgeschmacksmusteranmeldungen, deren Eintragungsverfahren beim EUIPO zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen sind, haben ab dem 31.12.2020 gerechnet 9 Monate Zeit, im Vereinigten Königreich ein entsprechendes Schutzrecht mit dem Prioritätsdatum der anhängigen europäischen Anmeldung zu beantragen. Anschließend kann die Priorität der Europäischen Markenanmeldung für eine Neuanmeldung im Vereinigten Königreich nicht mehr beansprucht werden.

  1. Nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster

Da das Europäische Recht während der Übergangsphase im Vereinigten Königreich weiter gilt, wird es auch bis zum 31.12.2020 Teil des Systems des „nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters“ der EU bleiben. Dies bedeutet, dass zwei- und dreidimensionale Muster, die im Vereinigten Königreich oder einem EU-Mitgliedstaat offenbart werden, automatisch in beiden Gebieten als nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt werden können. Dieses Recht bietet drei Jahre Schutz vor Nachahmung.

Nach dem Austrittsvertrag bleiben nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster, die vor dem 31.12.2020 entstanden sind, im Vereinigten Königreich für den Rest ihrer dreijährigen Laufzeit auch nach Ablauf der Übergangsphase weiterhin geschützt. Designs, die nach dem Ende der Übergangszeit im Vereinigten Königreich offenbart werden, können dort durch das ergänzende nicht eingetragene Design geschützt werden, das zwei- und dreidimensionale Designs für drei Jahre schützt. Einen Schutz für die gesamte EU erlangen sie dann indessen durch eine bloße Offenbarung im Vereinigten Königreich nach aktuellem Kenntnisstand nicht mehr.

  1. Internationale Registrierungen, in denen die Europäische Union benannt ist

Bis zum 31.12.2020 werden internationale Registrierungen für Marken und Geschmacksmuster, die über die Systeme von Madrid und Den Haag geschützt sind und in denen die Europäische Union benannt ist, weiterhin auf das Vereinigte Königreich ausgedehnt.

Darüber hinaus werden auch internationale Registrierungen für Marken und Geschmacksmuster, die vor dem Ende der Übergangsperiode geschützt wurden, auch nach dem 31.12.2020 im Vereinigten Königreich geschützt bleiben. Im Hinblick auf einen entsprechenden Mechanismus befindet sich das Vereinigte Königreich noch im Dialog mit der WIPO.

  1. Patente

Da das EPA keine Einrichtung der Europäischen Union ist, hat der Brexit keine unmittelbaren Auswirkungen auf das derzeitige europäische Patentsystem. Bestehende europäische Patente, die das Vereinigte Königreich abdecken, bleiben ebenfalls unberührt.

  1. Erschöpfung von Schutzrechten

Der Grundsatz der Erschöpfung besagt, dass Schutzrechte im Hinblick auf Waren, die durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf den Markt gebracht wurden, nicht mehr geltend gemachten werden können und damit „erschöpft“ sind. Rechtsfolge der Erschöpfung ist es, dass Rechteinhaber (wie z.B. der Inhaber einer Marke) nicht mehr das Recht haben, einem Dritten die Benutzung des Schutzrechts (das Markenrecht) für diese konkreten Waren innerhalb des EWR zu untersagen.

Nach dem Brexit gilt, dass Rechte an geistigem Eigentum, bezüglich derer bis zum Ende der Übergangsphase in der EU und im Vereinigten Königreich Erschöpfung eingetreten ist, auch danach in beiden Gebieten erschöpft bleiben.

  1. Zusammenfassung

Im Ergebnis ist festzustellen, dass sich während der Übergangsphase zunächst einmal aus Sicht der Schutzrechtsinhaber nichts ändert. Existierende Schutzrechte werden als nationale Rechte im Vereinigten Königreich „geklont“ und treten zum 01.01.2021 in Kraft. Über die praktische Umsetzung werden sicherlich noch Informationen erfolgen.

Wichtig wird es für Anmelder von Unionsmarken oder Gemeinschaftsgeschmacksmustern sein, die 9-monatige Frist zur Anmeldung eines nationalen Schutzrechtes im Blick zu behalten, sollten Anmeldeverfahren beim EUIPO am 31.12.2020 noch nicht durch eine Eintragung abgeschlossen sein.

Zudem wird zu klären sein, wie für die Frage der rechtserhaltenden Benutzung Benutzungshandlungen im Vereinigten Königreich während der Übergangsphase und danach behandelt werden. Vorsorglich sollte eine Unionsmarke neben dem Vereinigten Königreich mindestens in einem weiteren Mitgliedsstaat der EU rechtserhaltend benutzt werden.

Für Rückfragen zu den Auswirkungen des Brexit auf Ihr Schutzrechtsportfolio stehen wir natürlich gerne zur Verfügung.

 

Daniela Burghardt, LL.M.