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Einstweilige Verfügung: OLG München verschärft Anforderungen an den Rechtsbestand des Verfügungspatents
Das Oberlandesgericht München (Urt. v. 12.12.2019, Az. 6 U 4009/19) hat seine Anforderungen an den Erlass einer einstweiligen Verfügung gestützt auf ein Patent noch einmal bestätigt und dabei in Bezug auf den Rechtsbestand des Verfügungspatents zusätzlich verschärft.
Die maßgeblichen Grundsätze sind bereits sehr umfassend in den amtlichen Leitsätzen zusammengefasst, die wie folgt lauten:
- Über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der auf ein Patent oder Gebrauchsmuster gestützt wird, ist in der Regel mündlich zu verhandeln. Dem Antragsgegner muss ausreichend Gelegenheit gegeben werden, zur Verletzungsfrage und zum Rechtsbestand Stellung nehmen zu können.
- Entspricht die Verfahrensgestaltung in erster Instanz nicht den Anforderungen an das rechtliche Gehör, beruht das landgerichtliche Urteil nicht (mehr) auf diesem Verstoß, wenn der Antragsgegner bis zur Verhandlung in zweiter Instanz hinreichend Gelegenheit hatte, sich mit der Verletzungsfrage und der Schutzrechtslage zu befassen und hierzu vorzutragen (wie OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.2.2019 – 15 U 45/18).
- Der Erlass einer einstweiligen Verfügung, gestützt auf ein Patent oder ein Gebrauchsmuster kommt nur in Betracht, wenn sowohl die Frage der Patentverletzung als auch der Rechtsbeständigkeit des Verfügungsschutzrechts eindeutig zugunsten des Antragstellers zu bejahen ist.
- War das Verfügungsschutzrecht noch nicht Gegenstand eines zweiseitigen Rechtsbestandsverfahrens kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht (Änderung der Rechtsprechung des Senats seit dem Urt. v. 26.7.2012, 6 U 1260/12).
In Patentstreitsachen kommt nach herrschender Auffassung der Erlass einer einstweiligen Verfügung nur dann in Betracht, wenn sowohl die Frage der Patentverletzung, als auch der Bestand des Verfügungspatents so eindeutig zugunsten des Antragstellers zu beantworten ist, dass eine fehlerhafte, in einem Hauptsacheverfahren zu revidierende Entscheidung nicht ernstlich zu erwarten ist. Mit dem in Bezug auf Leitsatz 4 ausdrücklich als Änderung seiner Rechtsprechung bezeichneten Urteil übt das OLG München jetzt den Schulterschluss zur Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und des OLG Karlsruhe. Diese waren schon vorher davon ausgegangen, dass von einem hinreichend gesicherten Rechtsbestand des Verfügungspatents regelmäßig nur dann ausgegangen werden kann, wenn das Verfügungspatent bereits ein erstinstanzliches Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren überstanden hat. Das OLG München hatte diese Voraussetzung in der Vergangenheit nicht immer als zwingend angesehen, schließt sich nun aber der Auffassung von Düsseldorf und Karlsruhe an. Damit dürfte auch der Druck auf die Hamburger Gerichte zunehmen, die bislang in Bezug auf den Rechtsbestand des Verfügungspatents weniger streng war.
Dr. Jan D. Müller-Broich, mueller-broich(at)bock-legal.de