Blog


12
Feb

OLG Hamm: Informationspflichten für Online-Händler über Inhalt und Umfang von Hersteller-Garantien

Das Oberlandesgericht Hamm hat kürzlich entschieden, dass ein Online-Händler in seinem Produktangebot auch dann über Inhalt und Umfang einer Garantie informieren muss, wenn er lediglich auf eine Betriebsanleitung des Herstellers verlinkt, in der eine Garantie erwähnt wird (OLG Hamm, Urt. v. 26.11.2019, Az. I-4 U 22/19).

Sachverhalt

Die Beklagte bot auf Amazon ein Taschenmesser eines Schweizer Herstellers an. Die Amazon-Angebotsseite der Beklagten enthielt unter der Zwischenüberschrift „Weitere technische Informationen“ einen Hyperlink mit der Bezeichnung „Betriebsanleitung“. Beim Anklicken dieses Links öffnete sich ein auf Amazon gespeichertes, vom Hersteller des Taschenmessers gestaltetes Produktinformationsblatt, das einen Hinweis auf eine Garantie des Herstellers mit folgendem Inhalt enthielt:

Die (…)-Garantie erstreckt sich zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik 2 Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiß oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt.“

Die Klägerin machte mit der auf Unterlassung gerichteten Klage geltend, dass die Beklagte in ihrem Angebot keine Hinweise zu den gesetzlichen Gewährleistungsrechten des Verbrauchers sowie zum räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes erteilt hatte.

Entscheidung

Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm ergibt sich der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 3a UWG i.V.m. § 312d Abs. 1 S. 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB.

Nach diesen Vorschriften ist ein Unternehmer unter anderem bei Fernabsatzverträgen verpflichtet, Verbraucher über das Bestehen und die Bedingungen von Garantien zu informieren. Diese Regelung knüpfe, so das OLG Hamm, allein an die Existenz einer Garantieerklärung des Verkäufers oder eines Dritten an. Eine besondere werbliche Hervorhebung der Garantie im Produktangebot sei weder nach dem Wortlaut der Regelung noch nach ihrem Sinn und Zweck erforderlich. Die Informationspflicht des Verkäufers greife ein, wenn das Warenangebot, in welcher Form auch immer, einen Hinweis auf das Bestehen einer Garantie enthalte.

Zur Bestimmung der inhaltlichen Reichweite der Informationspflicht könne, so das Gericht weiter, auf den Regelungsgehalt von § 479 Abs. 1 BGB zurückgegriffen werden. Auch im Rahmen der Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen sei unter anderem auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes hinzuweisen (§ 479 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 BGB). Entsprechende Informationen enthielt das Angebot der Beklagten nicht, so dass ein Verstoß gegen die genannten Vorschriften vorlag.

Praxishinweise

Das Oberlandesgericht Hamm hat die Revision zugelassen, die beim Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen I ZR 241/19 geführt wird. Bis zu einer höchstrichterlichen Klärung durch den BGH ist Händlern zu empfehlen, jedenfalls immer dann über das Bestehen, den Inhalt und den Umfang von Garantien, die Bedingungen ihrer Inanspruchnahme sowie den Namen und die Anschrift des Garantiegebers zu informieren, wenn eine Garantie im eigenen Angebot – wie auch immer – erwähnt wird.

Das OLG Hamm hat in seiner Entscheidung die in der Rechtsprechung umstrittene Frage offengelassen, ob der Verkäufer einer Ware sogar verpflichtet ist, aktiv nach dem Bestehen von (Hersteller-)Garantien für die von ihm angebotene Ware zu recherchieren, um seine Kunden über diese Garantien informieren zu können. Das Landgericht Bochum hat dies in einer ebenfalls kürzlich veröffentlichten Entscheidung bejaht. Danach muss ein Online-Händler über den Inhalt und den Umfang von Hersteller-Garantien sogar dann informieren, wenn die Garantie überhaupt nicht im eigenen Angebot erwähnt ist (LG Bochum, Urt. v. 27.11.2019. Az. I-15 O 122/19). Sollte sich diese Rechtsprechung bestätigen, kommen auf Online-Händler weitreichende Pflichten zu. Händler werden häufig nicht ohne größeren Aufwand an Informationen eines Herstellers über Garantie gelangen. Auch in dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall waren die eigenen Angaben des Herstellers in der „Betriebsanleitung“ nicht vollständig.

 

Benedikt Frank