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Juli
Haftungsfalle Fristberechnung: Fristablauf an nicht bundeseinheitlichem Feiertag
Die Übertragung von Fristberechnungen auf hierin allgemein geschulte Angestellte eines Rechtsanwalts ist grundsätzlich zulässig, umfasst nach einem aktuellen Beschluss des OLG Koblenz aber nur einfache und übliche Fristen.
Darunter fallen nicht Fälle, in denen Rechtsanwalt und Gericht ihren Sitz in unterschiedlichen Bundesländern haben und die Frist an einem nicht bundeseinheitlichen Feiertag abläuft (Beschluss vom 27.06.2016, 10 U 1263/15).
Sachverhalt
Der durch einen in Bayern dienstansässigen Rechtsanwalt vertretene Kläger war erstinstanzlich vor dem LG Koblenz unterlegen. Gegen das am 06.11.2015 zugestellte Urteil legte der Klägervertreter fristgerecht Berufung ein. Da der auf den 06.01. fallende Dreikönigstag in Bayern landesgesetzlicher Feiertag ist, errechnete seine in Fristberechnungen allgemein geschulte Angestellte den Ablauf der zweimonatigen Berufungsbegründungsfrist nicht auf den 06.01.2016 – einen Mittwoch – sondern auf den 07.01.2016. Der Klägervertreter überprüfte die Frist nicht und reichte die Berufungsbegründung am 07.01.2016 ein. Der 06.01. ist in Rheinland-Pfalz kein Feiertag, sodass das OLG Koblenz die Berufung nach § 522 Abs. 1 ZPO wegen Verspätung als unzulässig verwarf. Den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, den er mit der Zuverlässigkeit und Sorgfalt seiner Angestellten sowie deren Schulung in der Berechnung von Fristen begründete, wies das OLG wegen verschuldeter Fristversäumnis als unbegründet ab.
Entscheidung
Das OLG Koblenz hat die Anwendung von § 222 Abs. 2 ZPO und damit einen Ablauf der Berufungsbegründungsfrist (erst) am 07.01.2016 abgelehnt. Für die Berechnung des Fristablaufs an einem nicht bundeseinheitlichen Feiertag seien nach einem vergleichbaren Beschluss des OLG Celle (Beschluss vom 30.07.2007, 11 U 116/07) allein die landesgesetzlichen Feiertagsregelungen an demjenigen Ort maßgebend, an dem die Frist zu wahren ist. Da das OLG Koblenz in Rheinland-Pfalz ansässig und der 06.01. dort kein landesgesetzlicher Feiertag ist, sei die Berufungsbegründungsfrist bereits an diesem Tag abgelaufen.
Die Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat das Gericht nicht für ausreichend erachtet. Da Klägervertreter und Gericht ihren Sitz in unterschiedlichen Bundesländern haben, hätte der Klägervertreter die Fristberechnung schon gar nicht auf seine nur in der allgemeinen Fristberechnung geschulte Angestellte übertragen dürfen. Für eine Schulung in der Berechnung schwieriger Fristen hat der Klägervertreter nichts vorgetragen. Daher hätte er selbst nachprüfen müssen, bei welchem Gericht die Berufungsbegründungsfrist zu wahren ist und sodann klären müssen, ob auch in Rheinland-Pfalz der Dreikönigstag gesetzlicher Feiertag ist. Das hat der Klägervertreter nicht getan, er hat die Fristberechnung seiner Angestellten auch nicht vor Fristablauf überprüft. Damit habe er die Fristversäumnis verschuldet.
Fazit
Durch die Befolgung des von dem OLG Koblenz bestätigten Pflichtenprogramms können Rechtsanwälte mit einfachen Schritten Haftungsfallen und damit Regressansprüche ihrer Mandanten vermeiden. Jeder Rechtsanwalt sollte daher in bundeslandübergreifenden Fällen Fristen, die an seinem Dienstort an einem Feiertag ablaufen, reflexartig darauf überprüfen, ob es sich hierbei um einen bundeseinheitlichen Feiertag handelt. Ist dies nicht der Fall, muss der Rechtsanwalt die landesgesetzlichen Feiertagsregelungen in dem Bundesland prüfen, in dem die Frist zu wahren ist. Zu empfehlen ist außerdem, über die allgemeine Überprüfungspflicht hinaus auch solche von Angestellten errechnete Fristen entsprechend zu kontrollieren, deren Ablauf für den auf einen landesgesetzlichen Feiertag am Dienstort des Rechtsanwalts folgenden Werktag errechnet wurde.
Anna Tacconi-Wagner