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Jul
Markenmäßige Verwendung im Rahmen eines Produktetiketts
Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Umständen die Verwendung eines Begriffs markenmäßig erfolgt, wenn dieser Begriff einen warenbeschreibenden Anklang hat (Urteil vom 03.11.2016, I ZR 101/15 – MICRO COTTON).
Sachverhalt
Die Beklagte, ein namhafter Discounter, bot in seinen Supermarktketten Handtücher in der nachstehenden Aufmachung an:
Die Klägerin ist Inhaberin der Unions-Wortmarke „MICRO COTTON“, die u.a. für „Badetücher“ eingetragen ist. Sie nahm die Beklagte wegen Verletzung dieser Marke in Anspruch. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage beantragt, die besagte Unionsmarke für nichtig zu erklären, weil das Markenwort warenbeschreibend und nicht eintragungsfähig sei. Die Vorinstanz, das OLG Hamburg, hat die Klage abgewiesen und die Klagemarke auf die Widerklage hin für nichtig erklärt.
Entscheidung
Der BGH setzt sich mit der Auffassung der Vorinstanz auseinander, das Zeichen „Microcotton“ sei rein produktbeschreibend verwendet worden. Es sei außerdem in nicht hervorgehobener Form verwendet, sondern in die Warenbeschreibung eingebettet worden. Außerdem befinde sich am rechten Rand die erkennbar herkunftshinweisende Bezeichnung „aquarelle“ die der Verkehr als die eigentliche Marke auffasse. „Microcotton“ sei zwar ein Kunstwort ohne unmittelbare Wortbedeutung. Es wecke jedoch nachhaltige Assoziationen zum allseits bekannten Begriff „Mikrofaser“. Deshalb sei die Verwendung für Baumwollhandtücher auf den ersten Blick sinntragend.
Der BGH bestätigt den Ausgangspunkt der Vorinstanz, dass ein Wort mit beschreibendem Charakter von dem Verkehr eher als Sachhinweis und nicht als Kennzeichen aufgefasst werde. Dabei werde aber die Verkehrsauffassung auch durch eine konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt. Eine blickfangmäßige Herausstellung oder die Verwendung eines Zeichens im Rahmen einer Produktkennzeichnung spreche für eine markenmäßige Verwendung. Hier sei die beanstandete Zeichenverwendung im Rahmen des Produktetiketts in einer größeren Schrift als der übrige Text abgefasst und anders als dieser nicht in schwarzer Schrift gehalten, sondern dunkelfarbig unterlegt. Der Verkehr entnehme einer solchen, in einem Produktetikett enthaltene Darstellung, die durch Schriftgröße und grafische Gestaltung nach Art einer Überschrift betont wird, typischerweise einen Hinweis auf die Herkunft des Produkts.
Weiterhin betont der BGH, für die Annahme einer beschreibenden Benutzung als Sachangabe reiche es nicht aus, wenn das betreffende Zeichenwort nachhaltige Assoziationen zum allseits bekannten Begriff „Mikrofaser“ wecke. Zwar könne auch eine beschreibende Benutzung als Sachangabe vorliegen, wenn eine Bezeichnung keine festen begrifflichen Konturen erlangt habe. Einem in der maßgeblichen Sprache jedoch nicht vorhandenen Phantasie- und Kunstwort mit eigenschöpferischem Gehalt könne jedoch auch bei bestehendem beschreibendem Anklang grundsätzlich nicht jegliche Unterscheidungskraft versagt werden. Das sei hier der Fall.
Die Beklagte hatte den Einwand erhoben, der Begriff „Microcotton“ sei bereits in der Vergangenheit von einem namhaften Filialbetrieb einer Kaffeerösterei beschreibend verwendet worden mit der Anpreisung „Handtücher aus Micro-Cotton“. Deshalb sei der Verbraucher zusätzlich an einen beschreibenden Gehalt dieses Wortes gewöhnt worden. Dem hielt der BGH entgegen, der Vollständigkeit halber müsse auch berücksichtigt werden, die Beschaffenheit von Textilien unter Verwendung von neuartigen Ausgangsstoffen – etwa Kunstfaser – erfolge häufig unter Verwendung von Eigennamen ohne beschreibenden Inhalt.
Somit gelangt der BGH zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall eine markenmäßige Verwendung des angegriffenen Zeichenwortes vorgelegen habe, dem als Kunstwort nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne. Somit hat er eine Markenverletzung bejaht. Mit der eben angeführten Begründung, dem Zeichen könne nicht jegliche Unterscheidungskraft versagt werden, hat der BGH die auf Löschung der Marke wegen Schutzunfähigkeit gerichtete Widerklage abgewiesen.
Fazit
Nach dieser Entscheidung muss noch genauer geprüft werden, ob ein Wort mit beschreibendem Anklang möglicherweise schon wegen seiner grafischen Ausgestaltung und wegen einer gewissen Hervorhebung aus dem warenbeschreibenden Kontext als markenmäßig benutzt anzusehen ist. Gerade bei Kunstwörtern, die nicht Bestandteil des deutschen Sprachschatzes sind, ist genau zu analysieren, welche Wortbedeutung ihm zukommt und ob es als Phantasiewort einen eigenschöpferischen Gehalt hat oder ob eine warenbeschreibender Gehalt deutlich im Vordergrund steht.
Michael Fügen