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14
Dez

Haftung bei „Anhängen“ an Amazon-Angebote

Das Landgericht Köln hat erneut entschieden, dass Online-Händler, die sich an ein bereits vorhandenes Angebot auf dem Verkaufsportal Amazon anhängen, für eine Urheberrechtsverletzung haften, wenn im Rahmen des Angebots Lichtbilder ohne ausreichende Berechtigung verwendet werden (Urteil vom 22.08.2022, Az. 14 O 327/21). Dies gilt unabhängig davon, ob Online-Händler die inhaltliche Gestaltung des Angebots (vollständig) beherrschen; dies gilt sogar dann, wenn allein dem Plattformbetreiber die Auswahl und Änderung der Bilder im Rahmen des Angebots vorbehalten ist.

Sachverhalt

Klägerin des Rechtsstreits war eine Fotografin, die die streitgegenständlichen Lichtbilder aufgenommen hat. Die Beklagte, eine Online-Händlerin mit An- und Verkaufsservice im Bereich gebrauchter Medien, vertrieb ihre Artikel sowohl über ihren Online-Shop als auch über das Verkaufsportal Amazon unter ihrem eigenen Account. Die Klägerin nahm die Beklagte auf Unterlassung, Ersatz von Rechtsverfolgungskosten, Auskunft sowie Feststellung der Schadensersatzplicht in Anspruch, da die Beklagte sich an ein bereits vorhandenes Angebot auf Amazon für ein Buch „anhängt“ hatte, wobei die streitgegenständlichen Lichtbilder als Produktbilder zur Bewerbung des Buches verwendet worden waren.

Entscheidung in Anbetracht der BGH-Rechtsprechung

Das Landgericht Köln gab der Klage vollumfänglich statt und bestätigte damit seine Rechtsauffassung aus einem früheren Urteil hinsichtlich sich „anhängender“ Verkäufer (vgl. Urteil vom 16.06.2016). Das Gericht begründete die Verurteilung der Beklagten unter anderem unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu den verwandten Rechtsgebieten des UWG und des Markenrechts, wo bereits den sich an Angebote auf Amazon „anhängenden“ Verkäufer eine Täterschaft für Rechtsverletzungen zugesprochen wurde (Urteile vom 03.03.2016). Die Feststellungen des BGH seien nach der Ansicht des LG Köln auf urheberrechtliche Situationen übertragbar. Das landgerichtliche Urteil setzt sich damit eindeutig von der gegenteiligen Rechtsauffassung des OLG München (Urteil vom 10.03.2016) ab.

Kontrollpflichten wie für jeden anderen Marktteilnehmer

Insbesondere die Gefahr, dass ein Plattformbetreiber bei einem Angebot unter dessen alleiniger Entscheidungshoheit Lichtbilder ohne ausreichende Berechtigung verwende, sei nach der Auffassung des Landgerichts für die Beklagte als „Anhängerin“ nicht allgemein unvorhersehbar. Als Anbieterin sei ihr diese Gefahr demnach zuzurechnen.

Generell mache sich eine Anbieterin, die ihre Produkte auf der Verkaufsplattform Amazon einpflegt, die bereits vorhandenen Angaben für das von ihr als Verkäuferin angebotene und beworbene Produkt zu eigen. Dies gelte auch dann, wenn die Anbieterin die rechtsverletzenden Lichtbilder nicht selbst eingeblendet und auch auf die Auswahl der Bilder keinen Einfluss habe. Denn gleichwohl vermittle die beklagte Anbieterin durch das Angebot im eigenen Namen und auf eigene Rechnung den Eindruck, sie übernehme die Verantwortung für das konkrete Angebot.

Die Nutzung eines vollautomatisierten Geschäftsmodells, bei dem keine Prüfung der einzelnen Angebote bei Amazon stattfindet, stehe der Täterschaft der Anbieterin nicht entgegen. Das Landgericht stellte dazu fest, dass einem derartigen Geschäftsmodell das Risiko von Urheberrechtsverletzungen geradezu anhafte, zumal die Problematik solcher Rechtsverletzungen auf Verkaufsplattformen einer Händlerin mit den Umsätzen der Beklagten generell bekannt sein müsse. Trotzdem aber habe diese ihr Geschäftsmodell ohne hinreichende Prüfung beibehalten. Durch das „Anhängen“ an Angebote unterscheide man sich nicht von einem Händler, der selbst händisch Angebote erstellt und dabei eine Prüfung unterlässt. Zudem ändere an der Haftung auch der Umstand, dass die Beklagte Amazon im Nachhinein kontaktiert und auf die Rechtsverletzungen hingewiesen hat, nichts. Ein solches „Nachtatverhalten“ beseitige nicht die bereits eingetretene Rechtsverletzung.

Praxishinweis

Im Hinblick auf das „Anhängen“ an bereits bestehende Plattform-Angebote ist somit seitens Händlern äußerste Vorsicht geboten, gerade wenn dies in einer Vielzahl erfolgt. Es drohen erhebliche Kosten durch die Geltendmachung von Rechtsverletzungen durch Rechtsinhaber. Wird ein solches „Anhängen“ beabsichtigt, sollten die Angebote auf jeden Fall im Vorfeld auf Rechtsverletzungen kontrolliert werden. Gerade Letzteres könnte sich in der Praxis allerdings als ausgesprochen schwierig gestalten, zumal die Geschäftsbedingungen von Amazon ein Anhängen an bereits vorhandene Angebote zwingend vorschreiben.

Rechtsanwältin Sabrina Schmidbaur

schmidbaur@bock-legal.de